Stemphilium vesicarium, die Schwarzfleckenkrankheit bei Birnen (11/04)

Einleitung
Stemphilium ist ein Pilz der die Schwarzfleckenkrankheit bei Birnen verursacht. Diese Krankheit ist wichtig in südlicheren Ländern wie zum Beispiel Italien, Spanien und Südfrankreich. Dort hat dieser Pilz schon für große Schäden gesorgt. Er fühlt sich also wohl bei warmen Witterungsverhältnissen, wo er sich sehr schnell vermehren kann. In den letzten Jahren verlagert sich die Krankheit aber offenbar nach Norden. In den Niederlanden wurden die ersten Symptome 1997 bemerkt. Die bestehen darin, dass man dunkelbraune bis schwarze Flecken auf den Früchten beobachten kann. In Belgien hat man in 2001 den ersten Fall mit einer bedeutenden Stemphilium Infektion konstatiert. Die Bekämpfung des Pilzes geschieht hauptsächlich präventiv ab Ende Blüte bis zur Pflücke. Dies erfordert viele Behandlungen und ist kontraproduktiv zum Integrierten Obstbau.

Erkennung der Krankheit
Beim Schadenfall, der voriges Jahr zum ersten mal bei uns ausbrach, fand man kleine dunkelbraune kreisförmige Flecken von 1 bis 2 mm auf den Früchten von Ende Juni bis Anfang Juli. Bemerkenswert war, dass diese Flecken vornehmlich an der Außenseite des Baumes zu finden waren. Die Symptome sind vergleichbar mit kleinem Schorfflecken, die sich aber meistens auf der Schattenseite befinden, weil es dort länger feucht ist. Diese Flecken breiten sich dann aus bis die größeren dunkelbraunen Flecken manchmal mit einem rosa-rotfarbigen konzentrischen Ring umgeben sind. Die Anwesenheit dieses Ringes ist ziemlich charakteristisch für diesen Pilz und ist also ein Hinweis, dass es sich hier um Schwarzfleckenkrankheit handelt. Kurz vor der Ernte ist die Symptomausprägung am stärksten.
Ein anderes typisches Symptom ist ein schwarzer Fleck, der sich vom Hauptnerv zu dem Rand und der Spitze des Blattes zieht. Es handelt sich hier um eine isolierte Symptombildung an einigen Blättern, die dadurch zustande kommt, dass der Pilz in der Wirtpflanze gebundene Toxine abscheidet, die verantwortlich für das Absterben der Zellen sind. Neben den Blättern und Früchten kann man die Krankheit auch an Blattstiel und Zweigen wahrnehmen. Die Symptome beschränken sich dort jedoch auf kleine Flecken und sind schwierig zu finden.
Photo: charakteristische Symtome von Stemphilium an Blatt und Stiel




Photo: charakteristische Symptome von Stemphilium an den Zweigen

Photo: charakteristische Symptome von Stemphilium an Früchten

Photo: Symptomentwicklung an den Früchten




Lebenszyklus
Der Lebenszyklus ist noch nicht vollständig bekannt aber in mancher Hinsichten vergleichbar mit dem Schorf, wo man auch von einer parasitären und einer saprophytischen Phase spricht. Stemphilium vesicarium ist die ungeschlechtliche Form (Konidien), die auf verschiedenen befallenen Pflanzenteilen des Baumes zu finden sind. Im Gegensatz zu Schorf treten die Sporen oft erst nach Inkubation bei hoher relativer Feuchtigkeit auf. Die Conidienform ist oft assoziiert mit einem anderen Pilz, nämlich Alternaria. Die geschlechtliche Form entsteht in abgefallenen Blättern und Früchten während des Winters in Form von Perithecien. Dieser produzieren im Frühjahr die Askosporen, die also die primäre Quelle sein kann für die Infektion von jungen Blättern und Früchten. Die Herkunft des ersten Auftretens im Süden ist noch nicht aufgeklärt. Manche Hypothesen gehen davon aus, dass es von latenten Infektionen des Pflanzmaterials ausgehen könnte, oder beim Export von Früchten von einem Land zum anderen oder von anderen Pflanzenarten (Spargel und Zwiebel sind auch Wirtspflanzen).

Infektionsbedingungen
Blattnässe und Temperatur sind die zwei bestimmenden Variablen für die Entwicklungsschnelligkeit von Stemphilium. Die optimale Temperatur zum Keimen der Sporen ist 28°C. Die Keimung beginnt schon nach 20 Minuten. Mehr als 95% der Sporen sind bereits gekeimt nach 1,5 Stunden. Zwischen einem Temperaturintervall von 18 bis 32°C ist jede der Sporen innerhalb 3 Stunden gekeimt. Geringere Temperaturen sind keine Behinderung für die Keimung, aber es dauert viel länger. Bei optimaler Temperatur sind 3 Stunden Blattnässe ausreichend für eine gelungene Infektion. Zum Vergleich: beim Schorf beträgt sie mehr als das Doppelte. Auch die Inkubationsperiode, dass heißt die Zeit zwischen Infektion und dem Erscheinen der Krankheitssymptome, ist sehr kurz. Zwischen 25 und 30°C können die ersten Symptome schon nach 48 Stunden beobachtet werden, wenn die Blattnässeperiode minimal 16 Stunden beträgt. Diese Daten zeigen an, dass der Generationszyklus sehr kurz ist, und dass bei hohen Temperaturen und kurzen Blattnässeperioden eine schnelle Ausbreitung der Symptome möglich ist. Blattnässeperioden von wenigen Stunden kommen bei uns durch den Tau fast jede Nacht vor. Wenn dabei die Temperatur hoch genug ist, kann jede Nacht eine potentielle Gefahr bedeuten bezüglich einer Infektion. Doch, weil unsere Nächte bedeutend mehr abkühlen im Vergleich zu südlichern Ländern, liegt die Anzahl an Infektionen in unseren Gebieten deutlich niedriger. Die Tatsache, dass man früher keine Probleme hatte mit Stemphilium, liegt höchstwahrscheinlich darin, dass durch die höheren Temperaturen die Bedingungen für Infektionen viel günstiger geworden sind. In Figur 1 ist der Temperaturverlauf wiedergeben über eine Periode von mehr als 50 Jahren (1951-2002). Daraus kann man heraus lesen, dass besonders im letzten Jahrzehnt die Temperatur in unserer Region stark zugenommen hat.

Figur 1: Durchschnittstemperatur im Gorsem während die Periode 1951-2002.




Diese Steigung der Temperatur ereignet sich besonders im Frühling und während des Sommers, und nicht im Herbst. Den größten Unterschied nimmt man wahr im Juli und August. Also können wir daraus schließen, dass in unseren Regionen das Klima günstiger geworden ist für Pilzkrankheiten wie Stemphilium.

Figur 2: Monatliche Durchschnittstemperatur im Gorsem pro Jahrzehnt während die Periode 1951-2002.




Es gibt einen großen Unterschied zwischen den verschiedenen Birnensorten in der Empfindlichkeit. Conference und Doyenné du Comice (Vereinsdechant) gehören zu den sehr empfindlichen Sorten. Damit sind wir in Belgien also sehr verwundbar. Andere empfindliche Sorten sind Passe Crassane, Abate Fetel und General Leclerc. Wenig empfindlich sind Gellerts Butterbirne (Buerré Hardy), Blanquilla und Williams.
Die Empfindlichkeit von Blatt und Frucht nimmt mit dem Alter ab. Direkt nach der Fruchtsetzung sind die Früchte von Conference sind 40 mal mehr empfindlich, im Vergleich zur Erntezeit. Dennoch wird in der Natur wahrgenommen, dass eine maximale Symtomausbreitung während der Periode vor der Ernte entsteht. Es ist noch nicht bekannt, ob es sich hier um latente Infektionen handelt, die spät zur Ausprägung kommen oder um neue Infektionen kurz vor der Ernte.

Bekämpfung
In Italien und Spanien werden effektive Fungizide angewendet von Mitte Mai bis zur Ernte. Das Spritzintervall ist abhängig von dem Mittel, das verwendet wird. Von den klassischen Kontaktfungiziden ist TMTD am meisten wirksam gegen Stemphilium. Auch Euparen M hat eine Wirkung aber die zugelassene Dosierung gegen Schorf ist etwas weniger aktiv als TMTD. Andere Dithiocarbamate wie Mancozeb und Maneb geben ebenfalls einen geringeren Bekämpfungserfolg. Captan, Dithianon und Dodine haben eine ungenügende Wirkung. Luna Care, die Strobilurine Kresoxim-methyl (Discus) und Trifloxystrobin (Flint) üben ebenfalls eine sehr gute Wirkung aus. Das Intervall zwischen den Behandlungen wird mit dieser Gruppe auf 14 Tage verlängert. In Hinsicht auf Resistenzentwicklung ist die Anzahl der Behandlungen pro Saison beschränkt. Um zu einer dauerhaften Lösung dieses Problems zu kommen, braucht man neue wirksame Mittel und, vor allem mehr Forschung, um bessere Kenntnisse zu bekommen über den biologischen Zyklus des Pilzes. Sanitäre Maßnahmen können helfen, den Infektionsdruck einer Anpflanzung, wo die Krankheit festgestellt wird, zu erleichtern. Spritzung mit Harnstoff und Blattzerkleinerung zur Förderung der Blattzersetzung, das Vernichten von infizierten Früchten und das kaufen von gesundem Pflanzmaterial sind einige präventive Maßnahmen, die beitragen können, um der Ausdehnung dieses Pilzes zu begegnen.

Zusammenfassung
2001 stellte man in Belgien zum ersten Mal einen schweren Befall von Schwarzfleckenkrankheit als Fruchtfäule in einer Birnenanlage fest. Diese Krankheit richtete schon ernsthaften Schaden an in mehr südlich gelegenen Birnengebieten. In den Niederlanden wurde die Krankheit bereits vor einigen Jahren gefunden. Eine weitere Ausbreitung wurde in den letzten Jahren festgestellt. Die Herkunft dieses Pilzes ist noch nicht geklärt, genau so wie der biologische Zyklus. Charakteristische Symptome sind Schwarze Flecken am Blatt ausgehend von dem Hauptnerv. Auf den Früchten erscheinen braunschwarze Flecken umgeben mit einem rosa-rotfarbigen Ring. Falls keine passenden Maßnahmen getroffen werden, kann die Krankheit sich sehr schnell ausbreiten und die totale Ernte befallen. Unsere Sorten Conference und Doyenné gehören zu den sehr empfindlichen. Hierdurch sind wir ein sehr gefährdetes Produktionsgebiet. Anderseits handelt es sich um eine Pilzkrankheit, die sich bei hohen Temperaturen wohlfühlt. Dadurch kommt es zu weniger Infektionsperioden wie in südlicheren Gebieten. Die Bekämpfung ist präventiv und erfordert eine Menge Behandlungen pro Saison. Dieses hat einen negativen Einfluss auf das Image der Integrierten Fruchtproduktion. Also müssen wir genau hinschauen, damit wir die Situation nicht eskalieren lassen. Wenn verdächtige Symptome auftreten in ihrem Bereich dann hole Rat bei deiner Pflanzenschutzberatung für weitere Diagnose. Schnelles reagieren auf eine positive Analyse kann die Verbreitung hoffentlich verzögern.