Wie Kühe am liebsten liegen

Stand: 07/18/2011
Autor: Werner Baumgarten, DLR Westerwald-Osteifel

In den Liegeboxenlaufställen wird versucht den Kühen den Liegekomfort zu bieten, den sie auch auf der Weide hätten, das heißt man möchte eine möglichst lange Liegedauer erreichen. Deshalb werden die Hochboxen mit Belägen ausgestattet und Tiefboxen mit verschiedenen Materialien befüllt. Dabei wird vor allem die Frage Hoch- oder Tiefbox in der Praxis sehr kontrovers diskutiert. Im Rahmen des Projektes „Liegeboxen“ des Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Westerwald-Osteifel untersuchten Dr. Rudolf Schneider und Werner Baumgarten auf 60 Betrieben in der Region, worauf und wie Kühe liegen, und wie viel
Arbeitszeit für die Boxpflege aufgewendet werden muss. Die Herdengröße der untersuchten Betriebe lag zwischen 28 und 190 Kühen.

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Der Liegeboxenlaufstall ist für die Haltung der Kühe ein Kompromiss. Vom Platzbedarf, der Arbeit und der Einstreumenge her ist dies das System mit den meisten Vorteilen für den Landwirt. Können die Kühe wählen, ziehen sie ein freies Liegen auf einer
Fläche ohne jede Begrenzung dem Liegen in der Liegebox vor.
Beim Liegen wird zwischen verschiedenen Liegepositionen unterschieden. Zum einem die Position „kurz“ d. h. die Vordergliedmaßen sind untergeschlagen (85% der Liegezeit) und „lang“ (15%) wenn die Vordergliedmaßen nach vorne abgelegt sind. Bei den einzelnen Liegepositionen wird weiter unterschieden, ob die Hinterhand an den Körper gezogen oder weggestreckt ist.
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Ein Untersuchungsgegenstand war die Überprüfung der Boxenmaße auf Länge, Breite, Einstellung Nackenriegel und Bugschwelle. Ein besteht ein Zielkonflikt auf der einen Seite, dass durch knappe Abmessungen die Boxen sich besser sauber halten
und auf der anderen Seite großzügige Maße ein möglichst stressfreies Aufstehen, Abliegen und Liegen ermöglichen. Aber wie sehen die Maße in der Praxis aus? Der Durchschnitt der gemessenen Werte lag in der Länge der Wandboxen bei 2,58 m und den Mittelboxen bei 2,39 m. D. h. in neuen Ställen werden die Forderungen an eine kuhgerechte Box, bei großrahmigen Kühen, mit Wandboxen von einer Länge von 2,70 m und mit Doppelboxen von 2,40 m erfüllt. Liegeboxen mit einer Länge von 2,10 m, die man in alten Ställen noch vorfindet, sollten nur noch für die Haltung von Jungvieh genutzt werden.
Dagegen lag die Boxenbreite im Durchschnitt bei 1,20 m und entspricht damit den Forderungen. Es zeigten sich allerdings große Unterschiede bei der Anordnung des Nackenriegels und des Bugbretts, die Steuerungselemente für das Liegeverhalten in der Box sind. Dies belegt, der mit einer durchschnittlichen Höhe von 1,13 m zu niedrig eingestellte Nackenriegel (Abstand Oberfläche Liegebox bis Unterkante Nackenrohr), bei einem Zielwert von mindestens 1,20 m. Ein Grund dafür war, dass die meisten Nackenriegel nicht ohne einen größeren konstruktiven Aufwand
angehoben werden können. Dagegen war die waagrechte Einstellung des Nackenriegels mit 1,70 m Entfernung von der hinteren Boxenkante in Ordnung. Ein Fünftel der Betriebe verzichtete auf eine Bugschwelle, ansonsten war die durchschnittliche Entfernung von der Boxenkante bis zur Bugschwelle 1,81 m und erfüllte somit die Norm. Die Liegeboxen bieten den Kühen in der Regel aber nur ein „kurzes“ Liegen, denn oft unterbindet das Bugbrett ein Ausstrecken der Vorderbeine. Zur Steigerung des Liegekomforts, sollte auf zu hohe Bugbretter verzichtet werden oder diese sollten so installiert werden, dass die Kühe ohne Probleme die Vorderfüße ausstrecken können.
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Auf einem Drittel der Betriebe wurden Hochboxen vorgefunden. Zur Verbesserung des Kuhkomforts hatte die Hälfte dieser Betriebe die Boxen mit Gummibelägen versehen, ein Drittel verwendete Matratzen und zwei Betriebe hatten Wasserbetten eingebaut. Nur drei Betriebe verzichteten gänzlich auf einen Belag.
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Für eine verbesserte Sauberkeit und zum Binden von Feuchtigkeit streuten die Betriebe regelmäßig, zum Teil morgens und abends, ihre Boxen ein. Als Einstreumaterialien kamen Stroh, Strohmehl, Sägemehl und Kalk bzw. Mischungen zum Einsatz. Die
Einstreumengen schwanken sehr stark zwischen 80 Gramm und 1 Kilogramm pro Box und Tag, im Schnitt liegen sie damit bei 500 Gramm. Die große Menge an Einstreu ist schon erstaunlich, werden doch in der Literatur nur 200 Gramm Einstreu pro Hochbox angesetzt. Dies lässt die Vermutung zu, dass die Betriebe versuchen, mit einem Mehr an Einstreu, den Liegekomfort zu verbessern.Tiefboxen sind inzwischen kein Trend mehr, sondern eine Standardlösung für Liegeboxen. Zwei Drittel der besuchten 60 Betriebe haben sich für diese Boxenart entschieden. Entweder wurden die Hochboxen in Hoch-Tiefboxen umgewandelt oder beim Neubau direkt eingebaut. Im Rahmen der Datenaufnahme wurden
auch das Einstreumaterial, das Einstreuintervall und die Art der Befüllung der Tiefboxen erfasst. Fast die Hälfte der Betriebe befüllt die Boxen nur mit Stroh, in Form von Mehl, Häcksel oder ungeschnitten.Die tägliche Einstreumenge beträgt im Mittel 1 Kilogramm, meistens wird das Stroh mit dem Mischwagen zerkleinert und anschließend mit diesem in die Boxen gefüllt. Dies trifft auch für das Drittel der Betriebe zu, die ein Kalk- Stroh-Gemisch einsetzen. Auch hier beträgt die tägliche MengeEinstreu 1 kg. Die Zusammensetzung des Gemischs schwankte zwischen 20% Kalk und 80% Stroh bis hin zu 66% Kalk und 33% Stroh. Die Hälfte
dieser Betriebe setzte in dieser Mischung Wasser ein. Als weitere Einstreumaterialien kamen Pferde- und Kuhmist sowie Kompost zum Einsatz. Die große Schwankung bei den Mengen und den Materialien zeigt, dass die Landwirte noch auf der Suche nach der optimalen Einstreu sind. Die Betriebsleiter berichteten dass, sehr viel Material sofort wieder von den Tieren aus den Boxen „gescharrt“ wird, wenn die Boxen neu aufgefüllt sind. Deshalb muss das Ziel der Aufbau einer möglichst stabilen Matte sein. Am besten erreichten dies die Betriebe, die mindestens einmal wöchentlich ihre Boxen nachfüllten.
Durchschnittlich wurden die Boxen aber nur alle 10 Tage nachgefüllt.
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Eine weitere Fragestellung widmete sich dem Vergleich der Arbeitszeiten zwischen den 2 Boxensystemen. Die täglich anfallenden Zeiten zur Pflege der Boxen und der Zeitaufwand für das Befüllen des jeweiligen Boxentyps wurden dabei erfasst. Der Pflegeaufwand einer Hochbox beträgt im Durchschnitt 18,9 Sekunden je Kuh und Tag. Zwischen den Betrieben treten dabei aber große Unterschiede auf, so benötigte der „schnellste“ nur 6,5 Sekunden je Box, der „sorgfältigste“ 47 Sekunden je Box. Die Meinung, dass Tiefboxen mehr Arbeit machen, bestätigt sich bei der Auswertung der Pflegezeiten für diesen Boxentyp mit 25,2 Sekunden pro Tag im Durchschnitt aller Betriebe, dies bedeutet 6,3 Sekunden oder 33% mehr Zeitaufwand je Box. Für einen 80 Kuh- Betrieb bedeutet dies 8,4 Minuten und im Jahr 51,1 Stunden mehr Arbeit für Boxenpflege. Darüber hinaus kommt noch die Zeit hinzu, die benötigt wird, um die Boxen mit Einstreu aufzufüllen. Entscheidend ist hierbei der Grad der Mechanisierung dieses Arbeitsganges: ist es Handarbeit mit der Schubkarre oder arbeitet man maschinell mit dem Mischwagen oder dem Einstreugerät? Der Aufwand hierfür betrug durchschnittlich 1,19 Stunden pro Kuh und Jahr, mit der großen Spanne von 0,1 – 5,7 Stunden.
Dies bedeutet, dass für das Betreuen einer Hochbox 1,92 Stunden je Jahr mit den Schwankungen von 0,7 – 4,8 Stunden benötigt werden, dagegen fallen für die Pflege der Tiefbox 3,74 Stunden (1,4 – 8,7) an. Die Tiefbox machte bei den teilnehmenden Betrieben damit im Schnitt 1,82 Stunden mehr Arbeit als eine Hochbox. Für den 80 Kuh Betrieb, bedeutet dies 2,8 Stunden in der Woche und 145,5 mehr Stunden im Jahr für Boxenpflege. Lohnt sich diese Mehr-Arbeit?
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Was spricht für die Tiefbox?
  1. Durch eigene Beobachtungen und wissenschaftliche Untersuchungen kann belegt werden, dass die in Tiefboxen gehaltenen Kühe am Euter sauberer sind als die Kühe, die in Hochboxen liegen. Daraus resultierend fällt weniger Arbeit beim Säubern der Euter beim Melken an.
  2. Mit ca. 80 Kühen hatten die Betriebe mit Tief- und Hochbox in etwa die gleiche Größe. Die Leistungen der Betriebe mit Hochboxen lagen im Schnitt bei 7840 kg Milch (6.200 – 9.800 kg) und die der Tiefboxenbetriebe hingegen bei 8.487 kg (6.050 – 10.500). D. h. die Kühe, die in diesem System gehalten werden, geben 670 kg mehr Milch, weil sie „bequemer liegen“. Dabei sollte man allerdings folgendes bedenken, die Art der Boxen ist nicht der alles entscheidende Faktor für eine höhere Leistung Management, Haltung, Genetik und Überbelegung spielen auch eine Rolle.
  3. Landwirte entscheiden sich nicht zuletzt auch deshalb für eine Tiefbox, weil der Anteil an Läsionen und Verletzungen am Tarsalgelenk geringer ist. Anhand eines Scoring der Gelenke wurde dies auf einem Teil der Betriebe untersucht. Das Ergebnis der Benotung fiel für die Hochboxenbetriebe mit gut bis befriedigend (2,49) gegenüber einem sehr gut minus (1,36) doch sehr eindeutig für die Tiefboxen aus.
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Zusammenfassend lassen sich folgende Aussagen treffen: Hochboxen: Es können auch hier hohe Leistungen (ca. 10.000 l) erzielt werden, die tägliche Einstreumenge beträgt 500 Gramm, sie machen weniger Arbeit, aber die Gelenke weisen mehr Verletzungen auf.
Für die Tiefboxen: 1000 Gramm Einstreu pro Tier und Tag, der Einsatz von verschiedenen Materialien ist möglich, außerdem weisen die Karpalgelenke weniger Verletzungen auf und die Tiere waren sauberer.
Wichtige Fragen, die sich die Landwirte bei der Entscheidung für Tiefboxen stellen müssen.
  1. Wie wichtig ist mir das Wohlbefinden meiner Kühe?
  2. Wie wichtig ist mir die Sauberkeit der Kühe?
  3. Können die Boxen mechanisch befüllt werden?
  4. Habe ich die notwendige Zeit, für das Mehr an Pflege?
  5. Will ich diese mehr Zeit investieren?

Bei der Praxisuntersuchung ist aufgefallen, dass viele Tiefboxen keine ausreichende Boxenfüllung aufweisen. Darum gilt: eine gut geführte Hochbox ist besser als eine schlecht geführte Tiefbox. Jeder Betriebsleiter sollte bei der Wahl der Liegeboxen, die Entscheidung für das System treffen, das zu ihm passt.




















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