Vegetarische Ernährung: Fleischkonsum und Landverbrauch

Stand: 06/06/2013
Nicht nur in Deutschland, in ganz Europa ist der „Sonntagsbraten“ Alltag geworden. Unsere Fleischtheken sind üppig gefüllt. 85% der Bevölkerung essen täglich oder nahezu täglich Fleisch und Wurst.
Zunehmend entwickelt sich jedoch eine Bereitschaft, den Fleischanteil zu reduzieren. Es besteht ein Interesse an Ernährungsformen, die mit weniger oder keinem Fleisch auskommen.
Ein moderater Fleischverzehr hat nicht nur Vorteile für die Gesundheit, sondern auch für die Umwelt.
Diese Zusammenhänge erschließen sich vielen Verbrauchern nicht direkt, da die negativen ökologischen Folgen in der Regel vom Ort des Konsums getrennt sind. Und so mancher stellt sich die Frage:
Was hat das Schnitzel auf meinem Teller mit dem Regenwald in Brasilien zu tun?


Ernährung unserer Nutztiere

Mit einem hohen Fleischverbrauch ist ein hoher Bedarf an Futtermitteln für die Nutztiere verbunden. Die Zusammensetzung der Futtermittel für unsere Nutztiere hat sich in den vergangenen fünfzig Jahren grundlegend geändert. Bis dahin wurden Rinder mit selbst gemähtem Heu versorgt und standen im Sommer auf der Weide. Hühner und Schweine erhielten selbst angebautes Getreide, eigene Hackfrüchte und Essensreste.
Heute ist die Haltung von 200 Kühen, 40.000 Hühnern oder 2.000 Schweinen unter einem Dach keine Seltenheit mehr. Die althergebrachte Art der Futterversorgung ist da nicht mehr möglich.

Die Steigerung in der Fleischproduktion war der erhöhten Nachfrage in unserer Wohlstandsgesellschaft geschuldet und wurde zudem durch das Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren ermöglicht. Die Zeit der 80er und 90er Jahre war geprägt durch die Liberalisierung der Agrarmärkte. Damit begann ein globaler Handel mit Agrarprodukten und Futtermitteln, die in dieser Zeit stark subventioniert und damit billig waren.

Heute haben nicht nur Hühner und Schweine Getreide im Trog, sondern auch Kühe.
Rinder sind als Wiederkäuer eigentlich ideale Grasfresser. Ihr Verdauungssystem kann auch noch solche Kohlenhydrate verarbeiten, die für den Menschen unverdaulich sind. Allerdings reicht die Gras-, Silage- und Heufütterung von den Inhaltsstoffen her nicht aus, z.B. um eine gewünschte Milchleistung zu erreichen. Kraftfutter wird zugefüttert, welches sich je nach Tierart aus Getreide (Mais, Weizen, Gerste), Ölsaaten (Raps), Soja und Grünfutter zusammensetzt.


Flächenverbrauch und die Folgen

Das ist die Situation. Aber wo ist das Problem?
Tierische Lebensmittel beanspruchen für ihre Herstellung einen deutlich höheren Flächenbedarf als pflanzliche, weil Gras- und Ackerland zur Produktion der Futtermittel benötigt werden.

Tabelle: Flächenbedarf für die Erzeugung verschiedener Lebensmittel (m2 pro 1000 kcal)

Tierische Lebensmittel
Rindfleisch (incl. Weideland) 31,2
Geflügelfleisch 9,0
Schweinefleisch 7,3
Eier 6,0
Vollmilch 5,0
Pflanzliche Lebensmittel
Ölfrüchte 3,2
Obst 2,3
Hülsenfrüchte 2,2
Gemüse 1,7
Getreide 1,1
Quelle: Dr. Karl von Koerber, 2012 (siehe unten)

Woher kommt das Futter?
Das Grünfutter (Wiesen, Weiden, Silomais) wird fast ausschließlich im Inland erzeugt und verbraucht. Anders sieht es beim Kraftfutter aus, also vor allem bei Getreide und i.d.R. industriell hergestelltem Mischfutter. Die Eigenproduktion deckt den Bedarf nur zu ca. 70%. Das Defizit wird im Ausland eingekauft, vorzugsweise in den Entwicklungs- und Schwellenländern.
Man spricht davon, dass Flächen virtuell importiert werden, d.h. Flächen außerhalb der eigenen Grenzen in Anspruch genommen werden. Im Zeitraum von 2008 bis 2010 war Deutschland am virtuellen Landhandel mit sieben Millionen Hektar beteiligt. Das entspricht etwa der Größe Bayerns.

Folgenreich ist die Situation in den Ländern, die die benötigten Futtermittel erzeugen. Es kommt zu massiven Änderungen der Landnutzung. Um z.B. für neue Sojabohnenplantagen Platz zu schaffen, werden zunächst Viehweiden umgewidmet, im nächsten Schritt wird tropischer Regenwald gerodet. Besonders fatal ist die Situation in Brasilien und Argentinien. Das größte Regenwaldgebiet der Welt wird hauptsächlich zugunsten der Tierhaltung vernichtet. Ähnliches gilt für die Zerstörung der artenreichsten Savannenlandschaften der Erde. Die Folgen dieses Raubbaus für den Wasserhaushalt, für die regionale Artenvielfalt und die Fruchtbarkeit der Böden sind dramatisch.
Außerdem werden durch die Entwaldung und Umwandlung von natürlichen Graslandflächen zu Ackerland große Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid freigesetzt. Die Veränderungen in der globalen Landnutzung tragen stärker zum Klimawandel bei als die weltweite Industrieproduktion oder das Transportwesen.

Hinzu kommen die sozialen Folgen. Auf den Anbauflächen für Futtermittel können keine Nutzpflanzen und Nahrungsmittel für die eigene Bevölkerung in den Entwicklungs- und Schwellenländern angebaut werden. In manchen Regionen werden die Landflächen für den Anbau von Sojabohnen sogar durch die Vertreibung der ansässigen Menschen verfügbar gemacht. Dies trägt zur Armut der Vertriebenen und zum Wachstum von Slums in den Städten bei.


Besser essen

Die dargestellten Fakten sollen angesichts der wertvollen Inhaltsstoffe im Fleisch nicht als Appell zum kompletten Verzicht von Fleisch verstanden werden. Doch es gibt gute Argumente, die für eine Reduktion des Fleischverzehrs und den bewussten Umgang mit dem Nahrungsmittel sprechen.

Eine fleischbewusste Ernährung führt zu einem verringerten Flächenbedarf. Würden die Deutschen den Empfehlungen der Ernährungsexperten folgen, d.h. 300 bis 600 g Fleisch und Wurst pro Woche verzehren, würde eine Fläche von 1,8 Mio. Hektar, das entspricht z.B. Größe des Bundeslandes Sachsen, frei. Die frei werdende Fläche könnte dann anderen Nutzungen zur Verfügung gestellt werden und dazu beitragen, globale Herausforderungen wie den Schutz von Ressourcen und die Sicherung der Welternährung zu meistern.

Die große Nachfrage nach billigem Fleisch hat dazu geführt, dass Tiere möglichst schnell und kostengünstig gemästet werden mit entsprechenden Folgen für die Umwelt und die Bevölkerung in den Futtermittelexportländern. Wir raten, zu solchem Fleisch zu greifen, dessen Herstellung die Umwelt so wenig wie möglich belastet. Dazu gehört Fleisch, das nach den Kriterien des EU-Biosiegels oder der Bio-Anbauverbände erzeugt wurde, sowie Fleisch aus regionaler Erzeugung von Tieren, die viel Zeit auf der Weide verbringen und deren Futter zu großen Teilen aus Grünfutter (Gras, Heu, Silage) besteht.


Quellen und weiterführende Informationen
  • Prof. Dr. Petra Teitscheid, FH Münster: Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Ernährung, in: Ernährungsumschau 5/2013
  • Heinrich-Böll-Stiftung, Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND), Le Monde diplomatique (Hrsg.): Fleischatlas 2013, im Internet unter boell.de (Zugriff 06.06.2013)
  • WWF Deutschland (Hrsg.): Fleisch Frisst Land, Studie 2011, Berlin, als Download (pdf, 6,7 MB) im Internet unter wwf.de (Zugriff 06.06.2013)
  • Deutscher Verband Tiernahrung (DVT) (Hrsg.): Futtermittel-Tabellarium, Bonn 2011
  • Dr. Karl von Koerber, Hubert Hohler: Nachhaltig genießen - Rezeptbuch für die Zukunft, Trias-Verlag, Stuttgart 2012
  • Vegetarisch essen liegt im Trend


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